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Musik

Rätselhafte und lustige Songtexte endlich erklärt - NDW-Edition

Diese Welle war einzigartig: Zuerst baute sie sich im Verborgenen auf, dann trat sie mit Macht an die Oberfläche, riss ganz Deutschland mit und erreichte sogar fremde Ufer. Auf ihrem Höhepunkt brach sie plötzlich wieder zusammen – doch vorbei war es nie so ganz. Die Lieder der Neuen Deutschen Wellen sind uns bis heute geblieben und mit ihnen die Erinnerung an eine unfassbar geile Zeit. Wann gab es je so megacoole Songs und schräge Texte, noch dazu (fast) alles auf Deutsch?

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Bei SCHWARZWALDRADIO huldigen wir der NDW in unserer Reihe über rätselhafte und lustige Songtexte. Die 60er, 70er und 80er hatten wir bereits, doch die Neue Deutsche Welle ist ohne Frage ein Kapitel für sich. Geben wir einfach mal Gas!

Wann war die neue Deutsche Welle? Die NDW pirschte sich ab etwa 1976 aus der Subkultur an, erlebte 1980 ihren Durchbruch im Mainstream und ebbte 1983/84 schon wieder ab. Ein typischer Abnutzungseffekt durch starke Kommerzialisierung, leider.

Was ist typisch für die Neue Deutsche Welle?

Alles in Deutsch! In einer Welt, in der moderne Musik schlicht und einfach Englisch war, entwickelte sich ab 1976 in Deutschland diese spezielle Subkultur mit ihren deutschsprachigen Liedern. Aber das war nicht das Einzige, was die Welle verband: auch die Synthesizer-Sounds, die melodischen Klänge, der Hauch von Punk und Psychedelic, die starke Anlehnung an die New-Wave-Musik, all das machte die NDW zur NDW.

Warum heißt es Neue Deutsche Welle? Der Berliner Plattenversand „Der Zensor“ verwendete den Begriff 1979 erstmals in einer Anzeige im Musikmagazin „Sounds“. Das erste Album der Band „Deutsch Amerikanische Freundschaft“, kurz DAF, landete in dieser nagelneuen Kategorie. Der Begriff schien absolut passend für die topmoderne Musikbewegung und verbreitete sich entsprechend rasch. 

Neu, neuer am neusten: Seit Beginn der 2020er Jahre rauscht die Neue Neue Deutsche Welle, kurz NNDW, heran. Wieder einmal deutsche Texte, diesmal deutlich düsterer, und mit ziemlich viel Tempo. So, nun genug geschwätzt, auf zu den Neue Deutsche Welle Songs der 80er!

„Dreiklangs-Dimensionen“ von Rheingold

Punktgenau 1980 erreichte der erste Song der Neuen Deutschen Welle die Top 20 unserer Charts: „Dreiklangs-Dimensionen“. Aber was um Himmels Willen ist damit gemeint? Der hypnotische Klang weist bereits darauf hin, hier geht es um die grenzüberschreitende Kraft der Musik. Der Textausschnitt „Ausklang, Abgang, Sequenzen, ohne Grenzen“ zeigt deutlich in dieselbe Richtung. Dazu der Refrain: „Dreiklangsdimensionen, so taktvoll, Lichtspielimpressionen, so farbvoll“ – damit wird das Lied zu einer Ode an die musikalische Harmonie, die sogar den visuellen Sinn mit einbezieht, weil Menschen oftmals Töne als Farben sehen. So schlichtgestrickt der Text auch scheint, er ist enorm vielschichtig und offen für Interpretationen. Was denken Sie darüber?

„Hohe Berge“ von Frl. Menke

Auf dem höchsten Punkt der Neuen Deutschen Welle im Jahr 1982 erschien Frl. Menke im Dirndl mit Blümchen in der Hand. Nein, sie sang keine Volksmusik, obwohl auch der Titel „Hohe Berge“ dafür spräche. Dieser NDW-Hit ist nur rein oberflächlich ein fröhliches Bergwanderer-Lied, es enthält auch ironische Kritik am Tourismus und eine gute Portion echter Sehnsucht nach authentischer Natur. Die Sängerin spielt bewusst mit Klischees, sagt, sie suche Heidi und isst kurz darauf appetitvoll Hirschragout. Tiefgang und Leichtigkeit vereint, die NDW schaffte es spielend.

Fun Fact: Franziska Menke wurde mit Musik im Blut geboren, denn ihr Vater ist Joe Menke, Produzent der Country-Band Truck Stop. Damit zog es das „Fräulein“ unweigerlich ins selbe Business, nur auf einem ganz anderen Pfad. 

„Eisbär“ von Grauzone

„Ich möchte ein Eisbär sein, im kalten Polar. Dann müsste ich nicht mehr schrei'n, alles wär' so klar.“ Der Textausschnitt verwirrt vielleicht den Verstand, doch die Emotionen reagieren direkt darauf. Die Schweizer Band Grauzone brachten den Song 1980 heraus, er ist minimalistisch gehalten, einfach und repetitiv. Hier treffen sich äußerliche Kühle und inneres Feuer, ein heißer Schmerz, der sich durch Schreie entlädt. Der Ich-Erzähler wünscht sich, die Emotionen, die ihn belasten, tiefzufrieren und damit loszuwerden. Traurig, irgendwie. Oder?

„Carbonara“ von Spliff

Spliff feierten mit „Carbonara“ 1982 ihren kommerziellen Durchbruch. Viele, viele italienische Wörter und doch total typisch deutsch! Das Pseudo-Italienisch besteht nur aus reinen Schlagwörtern, zumeist aus dem kulinarischen Bereich, aber auch mit einem Hauch von Mafia. Sie beschreiben Italien aus der Sicht deutscher Touristen, selbstironisch und völlig schräg. Tiefgründig ist dieser Text keinesfalls, schlussendlich lädt der Touri offensiv flirtend eine Italienerin zum Essen ein – natürlich zu Spaghetti! Was auch sonst?

„Codo“ von Deutsch-Österreichisches Feingefühl (DÖF)

Annette Humpe trat für diesen NDW Song nicht nur ans Mikro, sie hat ihn auch zusammen mit Georg Januszewski geschrieben. Im Grunde handelt es sich um eine musikalische Science-Fiction-Parodie, mit einer Heldin (oder einem Held) namens „Liebe“ die „im Sauseschritt“ durchs All düst, während ihr „der Hass“ seine Schergen auf den Hals hetzt. Der immerwährende Kampf zwischen Gut und Böse spiegelt sich in diesem Text ebenso wider wie die politisch-musikalische Situation dieser Zeit: Mitten in der Spannungslage des kalten Krieges hellten die ironisch-witzigen Lieder der Neuen Deutschen Welle die Welt ein Stück weit auf.

Fun Fact: Codo, so DÖF-Sänger Josef Prokopetz, dient als Abkürzung für „Cosmischer Dolm“ oder auch „Cosmischer Depp“. Dolm heißt auf Österreichisch im Grunde dasselbe wie Depp. Der Weltraumheld ist nicht besonders ernst, sondern eher schusselig-liebenswert gedacht. Schon wieder typisch NDW!

Weitere verrückte deutsche Song-Perlen

So viel mehr könnten wir hier noch schreiben! Nicht nur über die Jahre bis 1984, sondern auch über die Zeit danach. Lieder wie „Keine Sterne in Athen“ von Stefan Remmler aus dem Jahr 1986 gehören zwar nicht mehr offiziell zur Neuen Deutschen Welle, fangen aber deren Geist ein. Dieser typisch deutsche Streit ums Urlaubsziel ist genial durchgespielt! Oder der berühmte „Goldene Reiter“ von Joachim Witt, einem Mega-Star der Neuen Deutsche Welle, der die Skurrilität bis hinein in den Wahnsinn rückte. Oder „Kleine Taschenlampe brenn'“ als eine der wenigen Balladen dieser aufregenden Zeit, gesungen von Markus und Andrea Schneider. Oder „Der Knutschfleck“ und „Detlev“, beides gesungen von der zauberhaften Ixi, immer oberflächlich naiv, aber mit subtiler Ironie. 

"Finden Sie Mabel" von Heinz Rudolf Kunze: Ebenfalls kein NDW-Hit, dennoch ein spannendes Textfeuerwerk. Der Song folgt dem Motiv der Detektivgeschichten, insbesondere mit dem Charakter Philip Marlowe aus den Romanen von Raymond Chandler. Der Refrain "Marlowe, ich fleh' Sie an, Marlowe, finden Sie Mabel!" ist eine Anspielung auf diese klassischen Detektivgeschichten. Mabel wird als eine femme fatale dargestellt, die Männerherzen beeinflusst und sich selbstbewusst durchs Leben bewegt.

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